Mittwoch, 20. Mai 2009, 20 Uhr
Ort: Haus der Donau, Kronengasse 4/3, 89073 Ulm

Die Handlung nachzuerzählen gelingt bei diesem Autor so wenig wie über sein Leben mehr als ein paar dürre Fakten wiederzugeben, etwa, dass er 1956 in Bukarest in ärmlichen Verhältnissen geboren wurde. Heute genießt er ein Ansehen als poeta doctus postmodernen Zuschnitts. Traum und Wirklichkeit sind bei Mircea Cãrtãrescu kaum unterscheidbar. Der scheinbare Boden der Tatsachen, auf den die Ausflüge in die fantastische Welt der Träume immer wieder aufschlagen, ist nicht weniger fiktiv. Die Erfindung dieses Bodens ist genauso trickreich und täuschend wie die poetischen Expeditionen in der Luft. Gestalten von der Straße sind keineswegs verlässlicher als ihre Widergänger und die Spiegelfechter literarischer Fiktionen. Sog. Wirklichkeit begegnet sog. Fiktion, auf Augenhöhe, beide nur mit ärmlichen Gänsefüßchen bekleidet. Postmodernistisch gebrieft und gewitzt weiß Cãrtãrescu nämlich in der Tat wie in der Poesie, dass es die Wirklichkeit gar nicht geben kann.

So werden seine Aussagen, dass er von Gott geträumt habe, Göttergestalten gut beschreiben kann, da er ihnen immer wieder begegne, in ganz anderem Lichte glaubhaft und wahrscheinlich. Er spielt mit den Wörtern, dreht sie um die gewohnten semantischen Achsen und verschiebt ihre Bedeutung wie er gerade will. Das ergibt ein Rebus einer literarischen Konkurrenzwelt, die grausamer und humaner ist als all das andere, Ungewisse und mit Ideologien Verklebte, das wir sonst in unseren Diskursen täglich wiederkäuen und verhandeln wollen. Cãrtãrescu ist ein Verwandter der Surrealisten, ein Bruder Bruno Schulz’ und Kafkas und doch durch den Abgrund einer ganzen Epoche von ihnen entfernt. Denn er spielt auch mit diesen Ahnen, als habe er sie im Fundbüro ausgeliehen und keiner weiß, wen er morgen als Vorfahr wie ein Kasperle aus dem sumpfigen Fundus des Abendlandes herauszieht.

Ein poetisches Ereignis der Extraklasse, das Sie sich nicht entgehen lassen sollten. Vielleicht liegt es auch an der härtesten Welt des rumänischen Despotismus, die er hinter sich hat und die solche Poesie erzwang, weil der Tyrann eine Fiktion war, die eine blutige Wirklichkeit schuf?

Eintritt: 7,-/erm. 5,-